Eine Leserin hat mir letztens geschrieben. Sie meinte, dass aus ihrer Sicht das Thema „Frauen in Führungspositionen“ gerade eher wieder rückläufig wird und die Verhältnisse konservativer in den Unternehmen. Das ist spannend und ich muss zugeben, Sie hat nicht Unrecht.
Einerseits ist das Thema gefühlt in aller Munde und speziell in den Medien vergeht keine Woche, dass nicht Artikel dazu erscheinen. Wenn man sich jedoch anschaut, an wen Führungspositionen gehen, dann stellt man immer noch fest, dass es nur sehr wenige Frauen sind.
In der Vergangenheit war ich äußerst irritiert, wie teilweise Führungspositionen in Unternehmen, in denen ich gearbeitet hatte, vergeben wurden. Manchmal hatte ich, und nicht nur ich, den Eindruck, dass es ausreichend war, ein Mann zu sein und anwesend – und man(n) bekam eine Führungsposition. Während viele äußerst kompetente Frauen gar nicht in Erwägung gezogen wurden.
Christine Williams* hat den Begriff des „Glass Escalators“ definiert: die gläserne Rolltreppe. Angelehnt an die gläserne Decke, führt die gläserne Rolltreppe zur überproportionalen Beförderung von Männern in von Frauen dominierten Bereichen. Meiner Erfahrung nach gibt es dieses Phänomen auch in Unternehmen, in denen Frauen nicht dominieren.
Gründe dafür gibt es viele: sei es das Problem der mangelnden „Likability“ von kompetenten Frauen, über die Sheryl Sandberg in „Lean In“ geschrieben hat. Oder dass Manager gerne „ihresgleichen“ einstellen und fördern, wie Lauren A. Riviera in einer Studie** beschreibt.
Jetzt kann man darüber lamentieren, nur das bringt uns nicht weiter.
Ich erinnere mich an eine Situation, bevor ich meine erste Führungsposition erhielt. Ich war bei einer Firmenveranstaltung und dachte gerade darüber nach, wie gering doch die Wahrscheinlichkeit wäre, in diesem Unternehmen den nächsten Schritt zu machen. Ich ging die Treppe zum Konferenzsaal hinauf und vor mir standen drei Frauen aus meinem Unternehmen. Und alle drei Frauen hatten eine Führungsposition. Und in dem Moment dachte ich: „Moment mal – welche Geschichten erzählst du dir hier eigentlich? Du lamentierst darüber, dabei stehen hier drei Beispiele, die zeigen, dass es möglich ist.“ Da wurde mir die Macht der Geschichten bewusst, die ich mir selbst erzähle. Ab diesem Tag achtete ich bewusster auf meinen inneren Dialog und wie dieser mich entweder stärken oder bremsen kann.
Wir haben immer die Wahl: entweder wir fokussieren uns auf die 97%, die uns zeigen, was nicht möglich ist. Oder wir lenken den Fokus auf die 3%, die es geschafft haben.
Was ist jetzt die Wahrheit? Das wird nur die Zeit zeigen. Jedoch ist eines auch klar: Wenn Sie sich auf die 97% konzentrieren und es nicht versuchen, dann haben Sie schon verloren.
Irgendwas hatten diese drei Frauen getan, dass Ihnen den Schritt in eine Führungsposition ermöglicht hatten. Wahrscheinlich waren es sogar sehr unterschiedliche Dinge und Strategien. Jedoch hatte jede davon Erfolg.
Und darauf gilt es sich zu fokussieren. Wie Ihr persönlicher Weg aussieht, können Sie nur selbst herausfinden. Ihr Weg wird wahrscheinlich sehr viel anders aussehen, als der Ihrer Kollegin. Jedoch gibt es ihn und nur Sie können entscheiden, den ersten Schritt zu tun.
Oder wie Franz Kafka gesagt hat: „Wege, die in die Zukunft führen, liegen nie als Wege vor uns. Sie werden zu Wegen erst dadurch, dass man sie geht.“
Sie haben alles, was Sie brauchen. Und was Sie noch nicht haben, können Sie entwickeln. Ganz sicher.
Viel Erfolg!
Herzlichst
Ihre Astrid Winkeler
*(Christine Williams, Glass Escalator: Hidden Advantages for Men in “Female-Dominated” Professions)
** (Lauren A. Riviera, Hiring as Cultural Matching: The Case of Elite Professional Service Firms)