Na, meine Damen! Heute schon die Hausarbeit erledigt? Nein, nicht die, zuhause. Ich meine die, für die Sie auch zuständig sind: Die an ihrem Arbeitsplatz!

War Ihnen gar nicht bewusst, dass es da auch „Hausarbeit“ gibt? Nun, dann machen wir uns mal auf die Suche: Haben Sie vielleicht heute schon das Protokoll der letzten Abteilungsbesprechung geschrieben? Oder die Spülmaschine in der Kaffeeküche aufgeräumt? Papier für den Farbdrucker, der geschickt erweise in der Nähe Ihres Büros steht, geholt? Das Abteilungssommerfest geplant? Einen Einarbeitungsplan für den neuen Kollegen gemacht? Ihre Kollegen mit Büromaterial versorgt, wenn Sie schon eh dabei sind?

Nun, das alles zählt zur „Bürohausarbeit“. Lauter Dinge, die irgendjemand machen muss, damit der Laden läuft, für die jedoch niemand explizit bezahlt wird. Und vor allem: für die schon gar niemand explizit befördert wird oder eine Gehaltserhöhung bekommt.

Warum spreche ich das an? Nun, weil meiner Erfahrung nach Frauen den überwiegenden Großteil der in Organisationen anfallenden „Hausarbeiten“ übernehmen. Teils tun sie es freiwillig und teils wird es auch von ihnen erwartet. Ich halte das für problematisch.

Zur Verdeutlichung ein kleiner Schwank aus meinem Leben: Kürzlich erzählte mir eine Freundin von einer Veranstaltung, an der sie teilnehmen wollte. Sie fragte die Organisatoren im Vorfeld, ob sie etwas beitragen könne. Ihr wurde mitgeteilt, dass sie doch etwas zu essen mitbringen könne. Kein Problem dachte sie – bringt sie ein paar Brezeln mit. Jedoch teilten ihr die Organisatoren mit, dass sie etwas Hausgemachtes von ihr erwarten würden.

Ist das schlimm, werden Sie sich fragen?

Nein, schlimm ist das nicht. Nur fand meine Freundin diese Ansage ziemlich daneben. Sie hatte das Gefühl, dass diese Erwartungshaltung nie an einen Mann gestellt werden würde.

Im Gespräch mit ihr, erinnerte ich mich daran, dass ich in meinem Berufsleben solche Dinge seit ca. zehn Jahren auf eine ganz bestimmte Art und Weise handhabe.

Nämlich ist mir in der Arbeit damals folgendes aufgefallen: ich war zu dem Zeitpunkt die einzige Frau in einer Abteilung unter Männern. Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis und der Job machte mir total viel Spaß. Bei Geburtstagen sowie Einständen brachte man für die Kollegen in der Abteilung immer etwas mit und verspeiste es dann gemeinsam. Dabei fiel mir auf, dass ich die einzige war, die etwas Selbstgemachtes mitbrachte. Oder die einzige, die das Selbstgemachte, das sie mitgebracht hat, auch wirklich selbst gemacht hatte. Meine Kollegen kauften nämlich immer etwas oder ließen sich von ihren Partnerinnen die Kuchen oder Hörnchen backen. Das wäre mir ja im Traum nicht eingefallen – also dieses Kaufen! Schließlich hat man doch als Frau einen Anspruch, oder? Aber gleichzeitig ärgerte es mich auch. Denn ich stand ja in der Küche und manchmal musste ich mir von einem Kollegen auch anhören, dass er sich lustig machte, wenn ich um 17 Uhr ging – nach dem Motto „gute Work-Life-Balance, oder?“. Kunststück – wenn ich zuhause eine Partnerin habe, die meinen persönlichen Krempel erledigt, kann ich ja auch lange im Büro bleiben, oder? Der Kühlschrank füllt sich ja auf magische Art und Weise und der Kuchen für die Kollegen wird trotzdem gebacken.

Was ich auch feststellte war, dass es den Kollegen völlig gleich war, ob das Zeug selbstgemacht war oder nicht – Hauptsache, es gab was zu futtern.

Ab da nahm ich mir vor, dass ich nichts Selbstgemachtes mehr zur Arbeit mitbringe, sondern nur noch kaufe. Das kostete mich ganz schön Überwindung– weil ich da so einen komischen Anspruch an mich hatte – so einen Stolz, dass ich doch als Frau gefälligst zu zeigen habe, dass ich das gut kann. Und dass mir auch keine Mühe zu viel sei für meine Kollegen.

Nachdem ich das gründlich durchdacht hatte, nahm ich mir vor, dass ich mir an meinen männlichen Kollegen jetzt ein Beispiel nehmen würde. Die machen nämlich vieles richtig, wie ich finde. Und eine Sache ist, dass ich mich nicht aufreiben muss, um einen selbstgebackenen Kuchen mitzubringen, sondern ich meine Wertschätzung gegenüber meinen Kollegen auch ausdrücken kann, indem ich zum Bäcker gehe.

Sie halten das jetzt vielleicht für keine große Sache. Nur diese Dinge addieren sich. Die kostbarste Ressource – und die einzige, die sich nicht wieder auffüllen lässt – ist Zeit. Deshalb sollten wir uns gut überlegen, für was wir unsere Zeit aufwenden.

Seit ich das so mache, habe ich nie schlechte Erfahrungen damit gemacht. Meine Kollegen haben sich bisher nicht daran gestört, dass sie von mir liebevoll ausgewähltes Gebäck erhalten, für das ich zwar bezahlt habe, jedoch nicht selber in der Küche gestanden bin.

Kommen wir jetzt zurück zur Bürohausarbeit – so fing der Beitrag hier schließlich an.

Laut einem Artikel in der Harvard Business Review übernehmen Frauen überdurchschnittlich viele Aufgaben, die nicht zu Beförderungen führen. Allerdings: Frauen übernehmen nicht nur mehr, sondern sie werden auch überdurchschnittlich oft gefragt. Es gibt also durchaus die Erwartungshaltung in unserer Gesellschaft, dass Frauen Unterstützung für andere bieten sollen – ohne eine Gegenleistung zu verlangen oder gar etwas zum Ausgleich zu erhalten.

Auf Frauen lastet dadurch ein großer Druck und diesen spüren viele auch. Letztendlich kann das dazu führen, dass Frauen, die einen Großteil der Bürohausarbeit übernehmen und ja auch noch ihren eigentlichen Job gut machen wollen, am Ende sagen: Nee, also noch mehr Verantwortung brauch ich nicht – ich habe schon genug.

Und hier würde ich gerne daran erinnern: Für die Büro-Hausarbeit gibt es keinen Orden! Keine Beförderung! Selten Dank! Und vor allem: keine Bezahlung! Und deshalb müssen Sie sie auch nicht übernehmen.

Falls Sie auch so ein fleißiges Lieschen sind, stellen sie sich doch einfach mal vor, sie machen jetzt mal weniger von dem ganzen Zeug, für das sie nicht bezahlt werden und mehr von dem, für das sie auffallen. Vielleicht ein Projekt, das dem Chef schon lange auf der Seele brennt?

Werden Sie dafür Widerstand ernten? Ganz sicher! Das wird einigen Leuten nicht gefallen – nämlich denen, die sich bisher gedrückt haben. Oder vielleicht auch der Chef, dem es bisher ganz recht war, dass da jemand war, der sich um alles gekümmert hat.

Macht aber nix – mit dem Chef kann man reden. Und der Rest wird sich daran gewöhnen, dass die Uhren jetzt anders laufen.

Jedoch müssen Sie dann auch mit etwas Anderem klarkommen. Nämlich dem unschönen Gefühl, dass manche Dinge dann einfach nicht so perfekt laufen werden. Mir ging das mit einem geschäftlichen Termin so. Ein Kollege hatte eine Besprechung organisiert. In meinem Kalender wurde kein Raum angezeigt, da schwante mir schon Böses. Als der externe Besuch (glücklicherweise keine Kunden!) sich am Empfang meldete, gab es weder eine Raumreservierung noch war Bewirtung organisiert worden – und der Kollege befand sich noch in der Mittagspause. Da ich solch ein Verhalten bei ihm schon öfters beobachtet hatte, entschied ich mich dafür, die Sache jetzt nicht „zu retten“. Als er kam, lies ich ihn einen Raum finden und dem Besuch konnten wir leider nichts zu trinken anbieten. Die ganze Zeit fühlte ich mich unwohl – ich empfand das als sehr unhöflich. Andererseits muss ich sagen – der Termin war trotzdem erfolgreich. Der Besuch schien es uns nicht übel zu nehmen. Und ich hatte keinen Stress.

Bei meiner Freundin war das übrigens auch so: verzichtete letztendlich darauf, etwas zu der Veranstaltung mitzubringen. Und es gab dann doch Brezeln – die brachten ein paar Männer mit. Von denen erwartete man nämlich nichts Hausgemachtes.

Man kann nur lernen, oder?

Herzlichst

Ihre Astrid Winkeler

 

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