Da morgen Muttertag ist, möchte ich heute meine Gedanken zu diesem Thema teilen. 

Ich bin zwar keine Mutter, jedoch glaube ich, dass das Thema Karriere und Mutterschaft untrennbar miteinander verbunden sind. Und mit Karriere meine ich auch gar, sich an der Karriereleiter hochzuhangeln, sondern Karriere im Sinne der Bedeutung des englischen Wortes „Career“. Da beinhaltet das Wort nämlich das gesamte berufliche Leben eines Menschen, egal auf welcher Position in der Hierarchie dieser Mensch steht.
Und in diesem Sinne sind Berufsleben und Mutterschaft im Leben einer Frau nicht zu trennen.
 
Alle meine Freundinnen sind Mütter. Die erste wurde Mutter eines kleinen Mädchens und diese Kleine macht in diesem Jahr Abitur. Sie aufwachsen zu sehen, war und ist eine der großen Freuden meines Lebens in den letzten 20 Jahren gewesen.
Mittlerweile habe ich viele Mitarbeiterin/innen führen dürfen, die Eltern geworden sind. Ich weiß, wie schwer es ist, Elternschaft und Berufsleben unter einen Hut zu bringen, obwohl sich in Sachen Betreuung und Elterngeld in den letzten 10 Jahren viel getan hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass es die Aufgabe von Unternehmen ist, hier entsprechende Flexibilität an den Tag zu legen, damit Eltern nicht für Elternschaft bestraft werden.
 
Was mir auffällt: Frauen und insbesondere Mütter scheinen ein permanent schlechtes Gewissen zu haben. Und hier möchte ich Sie ermutigen, dieses schlechte Gewissen abzulegen. Denn: Es ist nicht Ihre Schuld – es ist systemimmanent.


Die Anforderungen eine Frau in Deutschland sind:

16-20 Jahre alt: Werde ja nicht zu früh schwanger, du brauchst eine gute Ausbildung.-

20-25: Du hast gerade dein Studium hinter dich gebracht – schau, dass du einen guten Job findest.

Ab 28: Du bist Ende 20 – lass dir ja nicht zu viel Zeit.

30-35: Die Uhr tickt – jetzt sollte es aber doch mal was werden, sonst ist es zu spät.

 
Wenn mittlerweile Kinder da sind:

Wann willst du wieder arbeiten gehen? Aber nicht zu früh, oder?

Wie, du willst drei Jahre aussteigen? Da ist aber dein Job weg…

Frauen, die ganz zuhause bleiben: Ist dir das nicht langweilig? Du bist jetzt Hausfrau…

Frauen, die in Teilzeit arbeiten: Deine Kinder leiden aber, wenn sie dich nicht sehen. Wie wollen Sie das mit der Kinderbetreuung machen? Wie, Sie möchten flexible Arbeitszeiten? Das gibt es bei uns nicht.

Frauen, die in Vollzeit arbeiten: Wieso hat die überhaupt Kinder bekommen, wenn sie sie eh nur weggibt.

 
Wenn keine Kinder da sind:

Willst du mal alt sterben?

Die denkt auch nur an ihre Karriere…

 
 
Unsere Gesellschaft stellt an Frauen unvereinbare Anforderungen
 
Seit gut im Job, sein unabhängig und verdiene dein eigenes Geld – UND
 
Sei IMMER, die ganze Zeit, für deine Kinder da.
 
Da führt dazu, dass viele Frauen dauernd ein schlechtes Gewissen haben. Sind sie bei der Arbeit, fühlen sie sich schlecht, dass sie ihre Kinder nicht sehen. Sind sie bei den Kindern, haben sie ein schlechtes Gewissen, dass sie nicht genügend arbeiten.
 
Und hier möchte ich sagen: Das ist nicht Ihre Schuld! Das ist unsere Gesellschaft.
 
Denn unsere Gesellschaft sollte sich entscheiden: wollen wir nach dem Paradigma leben „Kinder brauchen ihre Mütter, 24h am Tag, am besten bis 18“ – dann müssen wir diese Mütter auch entsprechend finanziell versorgen, und zwar ihr gesamtes Leben lang.
 
Und wenn wir uns das nicht leisten wollen und zu den Müttern sagen „Du solltest aber schon arbeiten und zwar so viel, dass du und deine Familie davon überleben kannst.“ – dann sollten wir zum einen entsprechende Kinderbetreuung bereitstellen und aufhören, diesen Müttern ein schlechtes Gewissen zu machen.
 
Jedoch: beide Szenarien werden nicht so schnell eintreten.
 
Solange das so ist, wird jede Frau ihren eigenen Weg finden und sich da „durchwurschteln“ müssen.
Sie ist, sozusagen, auf sich allein gestellt.
 
Und hier kommt die gute Nachricht: Wenn Sie auf sich allein gestellt sind und wenn an Sie unvereinbaren Anforderungen gestellt werden – dann haben Sie auch jedes Recht zu sagen: „Fuck you!“
 
(Sorry für die Wortwahl, aber was Treffenderes gibt es aus meiner Sicht nicht.)
 
Diese Anforderungen kann kein Mensch erfüllen. Und deshalb kann frau sie auch hinter sich lassen. Und in dem Vertrauen leben, dass
 

Kinder groß werden, wenn sie Liebe, ein Dach über dem Kopf, Essen und Aufmerksamkeit haben.

Sie Ihren Job auch so schon sehr gut machen und sich mehr an den männlichen Kollegen orientieren. Von denen sich nämlich viele schon sehr zufrieden, wenn sie den Job halbwegs gemacht haben. Die 100% streben die wenigsten an.

 
 
Ich empfehle für morgen ein kleines Ritual: schreiben Sie jedes Schuldgefühl, das Sie haben, auf einen Zettel und dann nehmen sie einen alten Blumentopf und verbrennen diesen Zettel auf Ihrem Balkon oder Ihrer Terrasse.
 
Und dann machen Sie sich einen Kaffee oder Tee, lehnen entspannt die Füße hoch und baden in dem Gefühl, dass so, wie Sie es machen, es wunderbar ist.
 
Also, meine Damen, feiern Sie sich morgen. Ich werde an Sie denken!
 
Herzlichst
Ihre Astrid Winkeler
 
 
P.S. Falls Sie diese Woche etwas „für sich“ machen möchten: Die Innovative Women halten Ihre Veranstaltungen gerade online ab. Am 14.05. gibt’s das spannende Thema „New Work Spaces – was, wie und wo wir in Zukunft arbeiten“.

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